Meeresspiegelanstieg seit der letzten Eiszeit

Mein Interesse in die (europäische) Perspektive zum Anstieg des Meeresspiegels wurde über eine Diskussion zu Offshore-Windparks in der Deutschen Bucht und einer nordwestlich davon gelegenen Sandbank, der Doggerbank, geweckt. Bei der weiteren Recherche nach Untiefen in der Nordsee stieß ich auf die Information, dass das Gebiet der heutigen Nordsee noch zur Zeit der letzten Kaltzeit (Eiszeit) nicht nur trocken gelegen hatte, sondern auch von Menschen bewohnt war. Daran schloss sich dann ganz schnell die Fragen an: Was passiert eigentlich mit der Population, wenn plötzlich das Land wegbricht? Gab es so etwas auch in jüngerer Zeit und können wir daraus lernen? Die Recherche gipfelte in der Lektüre des Buches The Remembered Land, das sich mit dem Untergang von Doggerland, im Buch Northsealand genannt, seiner Bevölkerung und Überlebensstrategien bei Landverlust befasst.

Untergang von Doggerland

/images/800px-Doggerland3er_en.thumbnail.png

Doggerland and Doggerbank [1]

Doggerland erstreckte sich über weite Teile des Gebietes der heutigen Nordsee und wurde zum Norden durch eine tiefe Rinne begrenzt, die vor der norwegischen Küste vom Nordatlantik bis in den Skagerrak hineinreicht und schloss somit die heutige Lücke zwischen den Britischen Inseln und dem europäischen Festland. Der Ärmelkanal lag ebenfalls nahezu komplett trocken. Die Doggerbank ist eine Sandbank in der heutigen Nordsee und, zieht man den historischen Meeresspiegelanstieg in Betracht, lediglich eine höhere Ebene auf Doggerland. Die Doggerbank dient in unserer Zeit primär als Fischfanggebiet und ist als Projektgebiet für Offshore-Windparks angedacht.

Doggerland lag bis circa 16.000 v.Chr fast komplett über dem Meeresspiegel, war jedoch zu einem erheblichen Teil vom Eisschild der Weichsel-Kaltzeit bedeckt. Nachdem sich die weltweiten Eisschilde immer weiter zurückzogen, stieg der Meeresspiegel rapide an und weite Teile von Doggerland wurden überschwemmt. Zwischen 8.000 und 7.000 v.Chr. begannien sich die ersten Teile der Nordsee um die heutige Doggerbank herum zu bilden, später Zeit wurde dann auch die Landfläche zwischen Deutschland, den Niederlanden und England sowie der Kanal überschwemmt. Dies isolierte nicht nur die heutigen Britischen Inseln vom europäischen Festland, sondern auch die immer noch etwa 17.600 \(km^{2}\) große Doggerbank. Es wird angenommen, dass um circa 5.500 v.Chr. die noch trockene Doggerbank von einem großen Tsunami, in Folge der Storrega-Rutschung, überspült wurde. Dieses Ereignis dürfte katastrophal für die Bevölkerung gewesen sein und es ist unklar ob sich diese davon erholen konnte. Nach 5.500 v.Chr verschwand Doggerland langsam dauerhaft unter den Fluten.

Population vor dem Anstieg

/images/Post-Glacial_Sea_Level.thumbnail.png

Meeresspiegelanstieg nach der letzten Kaltzeit [2]

Die tiefere archäologische Untersuchung des Gebietes ist durch die heutige Überflutung deutlich erschwert. Einzig in küstennahen Regionen werden durch moderne Landgewinnungsmaßnahmen und Hafenbau, wie z.B. bei den niederländischen Häfen Europoort und Maasvlakte, viele steinzeitliche Überreste wie Werkzeuge und Knochen zu Tage gefördert. Diese bieten Hinweise auf die Besiedelung von Doggerland. Während der relativ schnelle Anstieg zum Ende des Mesolithikums vermutlich weitere Artefakte konserviert hat, ist die Suche danach sehr schwer und das Meer erflaubt bisher wenig Aufschluss darüber, ob die Bevölkerung von Doggerland nach der Überschwemmung auf Festland übersetzte, oder vor Ort ihr Ende fand.

Zur Zeit der finalen Überflutung der letzten Reste von Doggerland endet auch das Mesolithikum (Mittelsteinzeit), das sich durch Gemeinschaften von Jägern und Sammlern auszeichnet. Die Tiefebenen von Doggerland waren für diese Gemeinschaften ein sehr geeigneter Lebensraum. Doggerland zeichnete sich zu diesem Zeitpunkt durch Küstenregionen mit flachen Gewässern, sich daran anschließended Marschland mit zahlreichen Flüssen und einen großen Binnensee aus. Diese Umgebung bot reiche Fisch- und Jagdgründe, die wieder weitere Tiere anzogen, während sich durch das erwärmende Klima auch der Vegetationsgürtel nach Norden verschob. Eine solche Umgebung bot für die Jäger und Sammler eine ideale Lebensumgebung und konnte die wohl immer häufiger auftretenden Überschwemmungen aufwiegen. Weiterhin gilt es als wahrscheinlich, dass Doggerland in seiner Form als Landbrücke, bzw. später in Form einer großen Insel, kulturellen und wirtschaftlichen Austausch zwischen Festland und den britischen Inseln ermöglichte.

Umgang mit einer Welt im Wandel

The Remembered Land versucht nicht nur zu beschreiben wie Doggerland möglicherweise ausgesehen haben könnte, sondern zieht auch Vergleiche zu anderen Völkern, die mit dem Verlust ihres Lebensraums konfrontiert werden und wie diese es schaffen generationsübergreifend Informationen über zum Beispiel Gefahren zu transportieren. Auch der Umgang mit der Überschwemmung des Lebensraums könnte ähnlich überliefert worden sein. Dieser langwierige Prozess sieht historisch aus wie ein einziges Ereignis aus. Vermutlich aber fanden immer wieder schubweise Überschwemmungen statt, wie auch heute vor allem bei schweren Stürmen und Tsunamis Land stückweise verloren geht. Diese über einen relativ langen Zeitraum immer wieder eintretenden Überschwemmungen führten langfristig zur Verschiebung der Wasserlinie oder einer unbrauchbaren Umgebung, wie zum Beispiel einer Versalzung von Ufergebieten und Grundwasser.

Solche Ereignisse treten für den einzelnen Menschen selten, in der Geschichte einer Gemeinschaft aber immer wieder auf und mussten daher Folgegenerationen weitergegeben werden, wollte man nicht jedes mal neu lernen damit umzugehen. Viele Ureinwohner überliefern noch heute in verschiedenen Formen, zum Beispiel über Geschichten oder auch gesellschaftliche Tabus, gefährliche Orte und Ereignisse. So war beim Tsunami 2004 im indischen Ozean das thailändische Urvolk der Moken dazu in der Lage, den Tsunami frühzeitig am rapide zurückgehenden Meer zu erkennen und höher gelegene Orte aufzusuchen und hatten in Folge dessen nur ein einziges Todesopfer zu beklagen. Ein anderes Beispiel sind die Maori, die bestimmte verbotene Regionen haben, welche nicht aufgesucht werden dürfen. Eben jene Gebiete zeichnen sich durch häufige vulkanische Aktivität aus.

/images/the_remembered_land.thumbnail.jpg

Druckausgabe von The Remembered Land

Inselvölker, die in der Neuzeit mit Überschwemmung ihrer Heimat kämpfen, reagieren sehr unterschiedlich auf diese Gefahr. Während einige frühzeitig ihre Inseln verlassen, um nicht mehr mit immer häufigeren Wetter- und Überschwemmungsereignissen kämpfen zu müssen, weigern sich andere beharrlich ihr Land zu verlassen, auch wenn sie wohl mit diesem untergehen werden. Die Reaktion der einzelnen Gruppierungen auf Doggerland mag also durchaus unterschiedlich ausgefallen sein. Mit Sicherheit waren jedoch auch bereits die mesolithischen Völker dazu in der Lage auf Festland überzusetzen, nachdem sämtliche Landbrücken überschwemmt waren.

Im modernen Europa scheinen die Niederlande am stärksten von Landverlust betroffen zu sein, sind dort noch im 18. Jahrhundert ganze Dörfer (in Poldern, "Verdronken Land van Saeftinghe") untergangen. Seitdem halten sich die Landverluste im Rahmen und man ist technologisch sogar dazu in der Lage Land zu gewinnen. Nach der Flutkatastrophe 1953 wurden in den betroffenen Gebieten umfangreiche Maßnahmen ergriffen. Es wurden zahlreiche Sperrwerke gebaut, z.B. in den Niederlanden das große Schutzsystem der Deltawerke oder in Großbritannien die Thames Barrier. Ob man dem Meer auf Dauer das tief gelegene Land abtrotzen kann, bleibt jedoch abzuwarten. So ist zum Beispiel die Küste der Grafschaft Suffolk weiterhin starken Fluten ausgesetzt und hat mit Landverlust zu kämpfen. Es scheint noch offen, ob dort weitere Befestigungsmaßnahmen ergriffen werden, oder man relativ große Landesteile aufgibt und auch inländische an Flüssen gelegene Ortschaften weiterhin Sturmfluten aussetzt.

Fest steht, dass der Meeresspiegelanstieg, egal wie stark er durch den menschgemachten Klimawandel beschleunigt wird, unaufhaltsam ist, bis globale Temperaturen nicht mehr weiter steigen. Weiterhin besteht die Möglichkeit, dass große Mengen an Schmelzwasser impulsartig in die Meere einfließen, wie dies bei der Misox-Schwankung (engl.: 8.2kya Event) der Fall war. Der nahezu instantane Meeresspiegelanstieg, der zwischen 0,5 m und 4 m geschätzt wird, war dauerhaft. Selbst wenn solche Ereignisse vorhergesehen werden können, so ist die Gefahr groß, diese zu unterschätzen. Dies sieht man an der durch einen Erdrutsch ausgelösten Katastrophe im Vajont Stausee (Italien, 1963), die eine gesamte Ortschaft vernichtete. So muss ein großes Ereignis vergleichbar mit der Storrega-Rutschung oder der Misox-Schwankung nicht nur erkannt, sondern auch auf politischer Ebene weitsichtig behandelt werden, möchte man bei solch einem Ereignis nicht ganze Länder aufs Spiel setzen. Technologisch scheint man seit einiger Zeit dazu in der Lage zu sein, große Fluten aufzuhalten. Die Herausforderung besteht darin diese in ihrem Ausmaß vorherzusehen und frühzeitig und umfassend vorzusorgen.

Literatur:

Bildnachweise:

[1] Doggerland and Doggerbank: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Doggerland3er_en.png By Francis Lima (Own work) [CC BY-SA 4.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0)], via Wikimedia Commons
[2] Meeresspiegelanstieg nach der letzten Kaltzeit: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Post-Glacial_Sea_Level.png Bz Robert A. Rohde [CC-BY-SA 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons

New Babylon

Visiting the Museum Reina Sofia in Madrid, I discovered the project New Babylon of Constant. Being profoundly impressed not only by the size of this decades spanning project, but also the vision he had so early on for human existence in a fully automated future, I tried to get some more information about the vision behind New Babylon which was started at the end of the 1950s.

Constant criticizes the strong integration of transport paths with regular human movement and interaction. With streets and other transport facilities drawing deep trenches within modern cities, buildings and their inhabitants are separated from each other, minimizing interaction and creativity. Humans are building their lives around infrastructure, not the other way around, a pattern still common in modern cities and socities. Areas without proper infrastructure are cut off from cultural and intellectual interaction more than ever, even more so in a digital age, where bad communication infrastructure is a nail in the coffin for any settlement.

Furthermore, Constant not only sees transportation infrastructure as a problem, but also the grand vision of architects of modern urbanism with huge buildings surrounded by green spaces. This architecture of the 50s and 60s can also still be seen all around Germany, with the Gropiusstadt maybe marking its most prominent example. Constant's main point is the large distance and anonymity that is created between inhabitants. Within skyscrapers there is not much interaction between humans, with all corridors being windowless to the inhabited areas. People living within such a building may be able to see their neighbors in the building to the opposite side, but are not able to reach each other easily, since this would involve traveling all the way down and up the building, maybe even crossing a large green area or street.

Constant continues with the thesis, that the coming age of automation will make most labor unnecessary leading to the need of an environment being able to supply inhabitants with more leisure possibilities and a sufficiently dynamic environment. This would enable society not only to escape boredom, but also to live creatively and creating new ways of living, constantly changing their environment and thus their ambience which again will influence inhabitants again.

With New Babylon Constant tries to implement his design of a living space, that would match requirements for this future world. Inhabitable areas standing completely on supporting poles, while transportation happens on the ground level or via air, completely separated from normal life and human interaction. New Babylon's living space should enable everyone to change the ambience, be it sound, light or even space with the rearrangement of walls, ladders etc. Every building is interconnected with the others, forming a huge megastructure with easy transfer between buildings.

With Constant's work indeed being more of an artistic vision and exploration of what might be possible in the future, some aspects Constant criticized are already showing. The building programs of the 50s and 60s in Europe obviously failed with each example representing a failed experiment today without any exception. Urbanism is still on the rise with people moving into cities, even more so in developing countries, where rapid growth shows its hideous face in the form of uniformly looking skyscrapers, every single one like its neighbor, forming a boring, uniform desert of concrete. Each inhabitant living in a standardized cell, ready to serve the productive system. In Europe transport lines drawn right across the cities are already being built back, with cities closing their centers to ground level transportation only permitting bikes and people in the streets revitalizing human interaction and liveliness of city centers. It is still to be seen, how society will deal with the rise of automation, not only in industrial, but also the service sectors. Maybe cities will give room for those surplus in the traditional sense of workforce enabling to form new ways of living together and experiencing the world around us. It will be exciting to see, if at least a part of Constant's vision will become reality.

In any case New Babylon gives the observer a lot of input to think about and what might be coming next in respect to human interaction. With the digital age already revolutionizing interaction not only on a scale never seen before, but also with the speed and high degree of interconnectivity that was unimaginable only decades ago. The future will show if total automation will also lead to a transformation of physical space, reinstalling the individual human as focus, enabling him to creatively change the world and directly interact with his peers.

Neustart

Dies ist ein Versuch mein altes Blog mal wieder neuzubeleben. Ich schreibe eigentlich meistens auf Google Plus, allerdings gehen Texte dort schnell verloren und lange Texte werden von den meisten auch weder gelesen noch geschätzt. Daher habe ich mich entschieden, diese Seite hier mal wieder hervorzuheben, um Texte und Gedanken abzuladen. Ich werde auch einige alte Buchkritiken etc. hervorholen, damit es nicht komplett leer ist. Das ist erstmal ein Experiment, mal sehen ob es sich durchsetzt.

Notizen zum 32C3

Kurze Notizen zu einigen Talks vom 32C3, die ich mir angesehen habe. Ich hoffe noch ein paar Talks von den beiden Tagen als Aufzeichnung sehen zu koennen. Ganz hoch auf der Liste steht hier der Talk zu DOCSIS, bei dem ich leider eine Kollision hatte.

Tag 1

Keynote

Thematisch gute Idee, zu aktuellem Geschehen und auch zum Congress-Thema Gated Communities. Kam leider nicht so richtig zum Punkt und haette inhaltlich eher in 15 Minuten abgehandelt werden koennen. Einzelne Punkte waren gut und wichtig, aber man haette die Zeit wohl besser investieren koennen.

Towards (reasonably) trustworthy x86 laptops

Interessantes Konzept kompletter Entkopplung der Firmware neuer Laptops von der Hardware selbst, so dass die Hardware nicht vertrauenswuerdig sein muss. Spannendes Konzept, aber wohl doch zu weltfremd fuer die Realitaet. Am Ende stellt sich auch die Frage der Realisierbarkeit, auch in anbetracht des anderen x86 Talks, der auch auf Bug-Fixing mit Hilfe von Microcode einging, wohl eher schwierig, wenn man das nicht mit der Hardware ausliefern kann.

rad1o++

Cooles Teil! Mangels Besuch des Camps im Sommer bisher nichts davon mitbekommen, aber kreative Idee ein SDR faehiges Board als Name-Badge fuer sowas zu verwenden. Ich haette gerne eins, auch weil die Hardware viel offener ist, als wenn man nur einen normalen DVB-T Stick fuer sein SDR-Rumgespiele verwendet. Uberhaupt will ich endlich mal noch mehr mit SDR machen um mal ein bisschen ueber den ganzen Funkkram zu lernen.

The Great Train Cyber Robbery

Guter Talk mit einigem Humor gespickt. Zeigt einige Angriffsvektoren auf Verbindung zwischen Zug und Stellwerk, sowohl auf Peripherie an der Strecke als auch Elemente in den Zuegen selbst. Fuegt sich in das allgemeine Bild, dass die Maschinenbauindustrie gut in Safety ist, aber miserabel in Security. Wenn ihr regelmaessig Zug fahrt mal angucken, vielleicht findet ihr bei der naechsten Reise ja eine neue Beschaeftigung euch das mal anzusehen. Aber bitte nur angucken, eventuelle Konsequenzen sind nicht virtuell.

Running your own 3G/3.5G network

Einfuehrung in den 3G Protokoll-Stack, was fuer lustige Ideen man beim Entwerfen der Protokolle hatte und welche Teile die Entwickler aus dem OpenBSC-Umfeld gerade implementieren. Ich vergesse immer wieder zu gerne, dass die ganzen Mobilfunk-Standards nicht viel gemeinsam haben, wer denkt er wuerde mit GSM ja schon alles kennen: Nein, das hier ist wieder anders.

When hardware must „just work“

Sehr spannend. Ein Ingenieur von AMD erzaehlt von der CPU-Entwicklung und wieso jeder noch so selten auftretende Fehler ein No-Go ist (Hint: Es gibt trotzdem einige). Ueber die Art und Weise wie auf welchen Ebenen getestet wird und wie man es schafft moeglichst wenig Iterationen der Entwicklung tatsaechlich in Hardware zu machen und wie man damit umgeht, wenn man von einem neuen Feature bereits Problem erwartet.

PQCHacks

Non-qantum crypto fuer eine Welt in der Quantencomputer existieren. Welche Verfahren muessen wie verwendet werden, um dem zu erwartenden Performance-Schub Widerstand leisten zu koennen. Und: Wir muessen das jetzt tun, da wir stets davon ausgehen muessen, dass unser Traffic bereits heute analysiert wird. IMO wichtiger Talk fuer jeden, der oeffentlich Dienste anbietet, deren Traffic vielleicht nicht jeder mitlesen muss.

Tag 2

Evolution of Brain-Computer Interfaces

Spannend! Will ich mehr drueber wissen und auch mal was mit machen. Hauptthema: Analyse von Hirnsignalen und auch trainieren des Gehirns, damit mit Hilfe gelesener Signale z.B. Aktionen ausgefuehrt werden koennen. Generell ist das Thema Dinge bewusst mit Gedanken steuern sehr interessant. Randaspekt: Privacy, welche Standards brauchen wir, damit die Informationen aus dem Kopf auch moeglichst an niemand anderen gelangen. War leider nur ein kurzer Uberblick, aber macht unbedingt Lust auf mehr.

(Un)Sicherheit von App-basierten TAN-Verfahren im Onlinebanking

Es gab viel zu lachen im Talk, mir war die schon fahrlaessige Variante des Online-Bankings von der Sparkasse nur auf einem Device bisher gar nicht bekannt. Anscheinend ist man dort auf die lustige Idee gekommen, dass man doch beide Komponenten der 2-Factor-Auth auf einem Geraet laufen lassen kann und sich die Apps sogar gegenseitig aufrufen und Daten austauschen. Wer das benutzt: Guckt euch den Talk an und hoert dann auf das zu benutzen. 2-Factor sollte auch immer 2-Device sein. Sonst koennt ihr es auch bleiben lassen.

All Our Shared Spectrum Are Belong to Us

Eher philosophischer Talk zum Umgang mit dem Bandbreitenspektrum, das wir fuer WLAN nutzen. Nicht ganz das was ich erwartet habe und ich habe dementsprechend oberflaechlich zugehoert. Klang ganz interessant, musste aber nicht sein.

G’scheitern

Bin nur aus Faulheit in Saal 2 sitzengeblieben. Hat sich aber sehr gelohnt. Guter Talk um mal den Tag etwas aufzulockern und aus einer anderen Perspektive aufzuzeigen wie man mit dem umgehen koennte, was andere Vorlegen. Am Beispiel von Improv-Theater. Wuerde ich zwar vermutlich nie machen, aber auf jeden Fall ansehen und auf jeden Fall Danke fuer die neuen Sichtweisen.

Let's Encrypt -- What launching a free CA looks like

Recap zum Launch von Let's Encrypt. Uebersicht ueber Statistiken und Ziele von Let's Encrypt. Nichts weltbewegend neues, aber nette Infos. Muss man wohl nicht nochmal ansehen.

Logjam: Diffie-Hellman, discrete logs, the NSA, and you

Recap zu Logjam mit detailliertem Aufzeigen wie Logjam funktioniert und was man dagegen tun kann. Und wieso RSA statt DH eventuell doch eine gute Idee ist, vor allem die anschliessende lange Fragerunde war recht ergiebig. Der Talk selbst wird nicht viel neues ergeben, wenn man mit dem Thema vertraut ist.

Iridium Update

Satellitenkommunikation! Habe ich im Detail keine Ahnung von, aber sec und schneider haben sich Iridium mal naeher angesehen und auch so einige interessante Infos dazu. Als Fazit bleibt fuer mich vor allem: Cool das es auch Leute mit Know-How gibt, um zu so geschlossenen und vor allem teuren Systemen wie Satelliten Zugang und vor allem Einblicke zu bekommen.

Fnord-Jahresrückblick

Muss ich nicht wirklich was zu sagen, grandios wie jedes Jahr, guter recap aus den Wirren der Nachrichtenwelt. Dieses Jahr gab es als Bonus ein Anti-Terror-Bingo dazu, das zu sehr grosser Freude und vielen Bingos im Publikum fuehrte.

Tag 3

Neither Snow Nor Rain Nor MITM… The State of Email Security in 2015

War mehr oder weniger eine Praesentation der Status Quo fuer E-Mailsicherheit mit vielen Stats vor allem von Gmail (die Partner in dem Projekt sind/waren). Sollte sich jeder, der einen Mailserver betreibt, mal ansehen. Auf die zahlreichen Fragen wieso denn nicht DNSSEC bei den grossen Providern ausgerollt wird, kam allerdings leider nicht viel bei rum, so dass die aktuellen Vorschlaege immer noch nur eher halbgar wirken.

Vehicle2Vehicle Communication based on IEEE 802.11p

Hm. Eigentlich spannendes Thema, hat aber glaube ich einfach unter dem Vortragenden etwas gelitten bzw. das der Talk auf Englisch war. Bin nach etwa der Haelfte der Zeit raus, klang auch viel nach Corporate, wenn man sich schon vom BSI empfehlen lassen muss keine NIST Curves fuer ECC zu nutzen.

Ten years after ‚We Lost The War‘

Rop und frank wagen einen Rueckblick auf ihren Talk vor 10 Jahren: We Lost The War. Der Talk stand vor allem auch im Zusammenhang mit neuem Aufwind fuer staatliche Ueberwachung nach 9/11 etc. Aussagen werden ueberprueft und neue Prognosen gewagt. Zwischenfazit: Wir sind auf dem Abstieg in eine weniger freie Welt und niemand kann den Tiefpunkt des Abstiegs vorhersehen. Der Talk ist eine Empfehlung, wenn die Gesellschaft nicht vollkommen an euch vorbeigeht, auch wenn er latent schlechte Laune erzeugen kann. Kernaussage: Es wird schwerer aber seht es als Herausforderung und beherzigt das Congress-Motto um den Widerstand diversifizierter zu gestalten.

The plain simple reality of entropy

Fuer mich persoenlich kam wenig Neues dabei rum und ich fand den Talk selbst auch eher anstrengend. Darueber hinaus wurde man das Gefuehl nicht los, dass vor allem die Realitaet von Cloudflare (wo der Speaker arbeitet) gemeint zu sein scheint. Probleme mit zu wenig Entropie zur Boot-Zeit wurden mehr oder weniger nur kurz behandelt und man koenne ja Entropie vor dem Shutdown speichern. Stateless gibt es in der Welt wohl nicht. Nunja. Wer den Unterschied zwischen /dev/random und /dev/urandom nicht kennt, koennte es sich wohl trotzdem mal ansehen.

Internet Cube

Gute Idee, ich weiss aber nicht, ob man sich den Talk ansehen muss. Die Webseite ist schon ausreichend informativ. Aber es war gut das Projekt vorzustellen, das Benutzer von Einschraenkungen des eigenen Providers erloesen soll, indem es raustunnelt. Und das mit einer fertigen Box, die man nur einstecken muss. Zumal die Hardware einfach laeuft, endlich auch mal etwas, das fuer normale Benutzer zugaenglich sein duerfte. Webseite: http://internetcu.be/

Building and Breaking Wireless Security

Wenn es auch etwas hardware-lastiger sein darf, ist der Talk sicher was fuer euch. Es geht tatsaechlich um Sicherheit direkt im Medium (nicht auf den Protokollen oder sogar noch weiter oben im Stack). Angriffe und auch Moieglichkeiten zur Absicherung werden besprochen. U.A. erhellend fand ich Angriffsvektoren wie Sprache bei Telefonie mithoeren, wenn das Smartphone zeitgleich auch im WLAN sendet und man die Sprache aus dem zusaetzlichen Noise extrahieren kann.

Maritime Robotics

Endlich richtige Roboter. Gute Einfuehrung fuer schwimmende Roboter, welche Bauformen es so gibt und worauf bei der Konstruktion zu achten ist. Salzwasser ist nochmal mehr toxisch als sonstige Umgebungen fuer Bots, vor allem eben die Elektronik. Wenn ihr auch nur annaehernd mit dem Gedanken spielt mal etwas autonom schwimmen zu lassen, koennte das eine gute Einfuehrung sein.

Tag 4

Crypto Wars Part II

Kurt Opsahl von der Electronic Frontier Foundation fuehrt in die Neuauflage der Crypto Wars ein. Kurzer Recap ueber die alten Crypto Wars (schwache Crypto fuer den Export) und im Anschluss der Uebergang zu den den neuen Crypto Wars. Hauptthema: Gezielte Schwaechung von Crypto, sei es durch Backdoors oder das Forcieren schwaecherer Methoden in Standardisierungsprozessen. Eine insgesamt gute Uebersicht, auch wenn viele Einzelstuecke sicher schon bekannt waren, so formt sich doch ein gesamtes Bild. Abschliessend gibt einen Aufruf dazu generell mehr Crypto zu verwenden und nicht so fachlich versierten Bekannten dies ebenso nahezulegen, um den Aufwand fuer die Thee-Letter-Agencies zu erhoehen.

DDoS mitigation EPIC FAIL collection

Der Speaker kommt aus der Pentesting Praxis und hat sich dort viel mit DDoS beschaeftigt. Der Vortrag besteht aus einer Top 10 der schlechtesten Mechanismen um DDoS-Angriffe abzuwehren. Oft endet dies darin, dass Services auch noch lange nach dem Ende des Angriffs nicht erreichbar bleiben, oft aufgrund von Ueber- oder Fehlreaktionen. Wer in der Praxis mit Hosting zu tun hat und selber Mechanismen implementiert hat, findet hier sicher eine gute Resource von Dingen, die einem gut auf die Fuesse fallen koennen.

Breaking Honeypots for Fun and Profit

Aufgrund spontaner Muedigkeitsanfaelle habe ich leider nur die Haelfte mitbekommen, daher hier vermutlich eher eine unvollstaendige Liste. Es geht generell um die Erkennung von Honerpots bzw an welchen Merkmalen ein Angreifer einen Honeypot als solchen identifizieren kann. Es drehte sich viel um bestimmte Verhaltensmuster, die fehlerhafte oder unvollstaenduge Implentierungen abbilden. Ich bin jedenfalls nicht wegen des Talks eingeschlafen, sonder aus Schlafmangel. Wer sich also mit Angriffen auseinandersetzen moechte, der findet hier vielleicht doch einige Hints.

Predicting Crime in a Big Data World

Interessanter Talk aus einer Welt, mit der man sonst so gar nicht in Beruehrung kommt, einfach weil es nur Behoerden wirklich nutzt. Vorgestellt werden bestehende Werkzeuge, auf welcher Datenbasis diese arbeiten und nach welchen Kriterien Profile bestimmter Personen analysiert und auch bewertet werden. Festgestellt wird auf jeden Fall, dass Loesungen bisher nur Hinweise oder Empfehlungen geben koennen, sei es fuer Regionen oder Einzelpersonen, aber keine wirkliche Vorhersage fuer zukuenftige Verbrechen geben koennen. Guter Ausblick in diese fremde Welt, die man bisher nur aus SF Filmen kennt.

Security Nightmares 0x10

Die jaehrliche Ausgabe der Security Nightmares, wieder einmal hoch amuesant und trotzdem mit einigem ernst gemeintem Input. Auch wenn manche Themen vielleicht noch nicht bei jedem angekommen sind, lohnt sich auf jeden Fall, denn wenigstens einen nicht gepatchten Router hat fast jeder zu hause. Quasi Pflichtprogramm, auch wenn sich unter Umstaenden ein Bier zeitgleich empfiehlt. Wir bleiben gespannt wie viele der Vorhersagen eintreten. Von alten Vorhersagen ist ja leider so einiges eingetroffen. Auch wenn wir dann doch immer noch nicht unser Essverhalten vor dem Kuehlschrank verbergen muessen.

Ausgelesen: Safe Area Goražde

/images/safe_area_gorazde.thumbnail.jpg

Safe Area Goražde von Joe Sacco ist wieder einmal ein absoluter Spontankauf gewesen, der sich wirklich gelohnt hat. Während einer Pause vom Ingress-Spielen hat es mich zum wiederholten Male in die Museumsbuchhandlung des Museum Ludwig in Köln gezogen. Diese Buchhandlung ist ziemlich speziell sortiert, mit einem sehr starken Fokus auf bildender Kunst und Architektur. Allerdings gibt es auch einen kleinen Tisch mit Comics und Graphic Novels, so dass ich neben einem Buch Über Mies van der Rohe diesen Glücksgriff machen konnte.

Safe Area Goražde dokumentiert das Leben der Einwohner der Enklave Goražde während des Bosnienkriegs 1992-1995. Goražde war im Bosnienkrieg von der UN als Schutzzone deklariert worden, konnte jedoch mit den zur Verfügung stehenden Kräften nicht geschützt werden. Eine der bekannteren Schutzzonen aus dieser Zeit dürfte Srebrenica, wo eines der schlimmsten Massaker des Krieges verübt wurde. Die Graphic Novel ist athmosphärisch unheimlich dicht und man merkt Sacco seine starke Beziehung zu Goraždes Bewohnern an, die er während seiner Aufenthalte in der Enklave aufgebaut hat. Auf seinen 230 Seiten vermag einen das Buch sehr stark in die Welt der Bewohner mitzunehmen und man erlebt deren tagtäglichen Bedürfnisse und Sehnsüchte fast hautnah mit. Sacco schafft es allerdings nicht nur das Leben der Bewohner stimmungsvoll abzubilden, sondern spannt in kleinen Episoden objektiv die Geschichte des gesamten Bosnienkrieges auf. So lehrt einen die Publikation viel über den Konflikt auf dem Balkan, oder ruft Vergessenes wieder in's Gedächtnis.

Der Zeichenstil spricht mich persönlich sehr an und die sehr detaillierten Panoramen vermitteln einem eine sehr genaue Vorstellung davon, wie es zur Zeit des Krieges im Osten Bosniens ausgehen haben muss. Es liegt in der Natur der erzählten Geschichte, dass Zeichnungen und vor allem die begleitenden Texte zum Teil starker Tobak sind. Generell hat das Werk einen recht hohen Textanteil, so dass man nach dem genauen Betrachten der detaillierten Zeichnungen auch noch viel zu lesen hat, was zu einigen Stunden Lektüre verpflichtet. Ich habe Safe Area Goražde jedoch fast in einem Zug gelesen. Sacco war mir vorher noch nicht bekannt, ich werde mir aber, in der Hoffnung gleiche Qualität zu bekommen, mit Sicherheit in Zukunft weitere Graphic Novels von ihm besorgen. Absolute Leseempfehlung. Auch wenn der Stoff einen wirklich mitnimmt.